diskussionen (I)

Team A, FischBar, präsentiert: Auschnitte aus der Emailkonversation mit den Künstlern, Teil I

Clemens Wilhelm schrieb: "[...] Schickt mir bitte sämtliches Infomaterial zur Ausstellung, auch Texte zu Arbeiten würde ich gerne lesen, bevor sie gedruckt werden.

Wer ist noch mit in der Ausstellung? Wie sieht euer kuratorisches Konzept aus? [...]"

FischBars Antwort: "Der Raum ist, wie gesagt, ziemlich groß, eine Halle eigentlich, mit noch ein paar Nebenräumen, die wir auch ziemlich ausgiebig bespielen.

Zum kuratorischen Konzept: Ich würde es jetzt provisorisch als Konzept der "lustvollen Interferenz" bezeichnen, das klingt ziemlich schrecklich, zugegeben, trifft die Sache aber.

Lustvoll, das ist Renates und meinen Kontexten geschuldet, genau wie der Kurzfristigkeit, in der wir das jetzt organsieren mussten (wir wissen das auch erst seit vorgestern). Lustvoll heißt in dem Fall, unsere Auswahlbasis hat nichts mit Konzept, künstlerischer Geschlossenheit, klugen, neuen Ansätzen oder ähnlichem zu tun, sondern wir haben ausgewählt, was uns auf den ersten Blick, intuitiv gefiel, eigentlich haben wir Oberflächen ausgewählt. Was natürlich nicht heißt, dass dadrunter nichts stecken kann, aber das war nicht unser Kriterium. Gleichzeitig kommen wir beide auch nicht aus Kontexten der Bildenden Kunst - ich studiere Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus und arbeite auch als Autor und Journalist, Renate studiert Kulturwissenschaften und macht alles mögliche. Wir sind natürlich keine Laien, aber wir sind auch weit entfernt davon, Profis zu sein. Wir sind keine Kunstwissenschaftler, wir sind auch keine Kunstvermittler.
Wir kommen auch beide - oder besser, arbeiten in populären Kontexten. Lustvoll heißt in dem Fall: Nicht das stille, subtile zieht uns an, sondern das knallige, große.

Interferenz wären folgendes: Zuerst war mein Plan eine Austellung zu inszenieren, in der sich alle ausgestellen Objekte ständig gegenseitig vernichten und in Konkurenz zueinander treten. Es wären dann nicht die einzelnen Objekte ausgestellt gewesen, sondern die Wechelwirkungen, in denen wir sie inszeniert hätten. Das hat sich, aus verschiedenen Gründen, als nicht machbar, oder als zu kompliziert, herausgestellt. Interferenz bedeutet jetzt aber, dass verschiedene Werke in Interferenz zueinander treten, d.h. es wird z.B. nicht möglich sein, dein Video zu betrachten, ohne nicht auch ständig die Soundinstallation aus dem Raum nebenan zu hören, oder zumindest muss man sich, wollte man nur deine Fotos sehen, sehr konzentrieren. Die große Halle inszenieren wir als eine große und wuselige Veranstaltung, es wird da viele Videos geben, die sich vielleicht gegenseitig kommentieren, vielleicht auch nicht, das liegt im Auge des Betrachters. Definitiv machen wollen wir es nicht. Gleichzeitig finden da noch zwei Work-in-Progess-Installationen statt, bei denen man den Künstlern zuschauen kann, wie sie ihre Sachen aufbauen. Die Ruhe zum Betrachten von irgendetwas wird sich nicht einstellen, es sei denn, man zwingt sich selbst wirklich dazu. Auch das kommt wieder eher aus unserem populären Kontext. alles bedeutet alles, alles kommentiert sicht immer gegenseitig, alles erhitzt sich immer gegenseitig.

Was die Künsterinformationen angeht, werden die nicht unter die Werke geschrieben, sondern es wird irgendwo, vorne, am Infostand, ein Infoblatt ausgelegt: Man erfährt die Namen der Werke und der Künstler und deren Lebensläufe zwar (es wird nicht viele Infos geben, die Basis eben), aber auch da muss man sich Mühe geben, es fällt einem nicht zu. Man muss dieses Blatt finden und lesen. Angenehmer Nebeneffekt der Sache ist, dass man manchmal gar nicht wissen wird, oder wissen kann, welche Werke zusammengehören, und welche nicht.

So. Das isses erstmal, alles noch ein Provisorium, aber ein haltbares, hoffe ich."

Clemens Wilhelm antwortete: "Man kann Ausstellungen ja sehr sehr unterschiedlich kuratieren, aber zu dem von euch hier formulierten Ansatz habe ich jetzt doch ein paar Verständnisfragen:

Warum wollt ihr es dem Betrachter absichtlich schwierig machen?
Was hat man davon als Betrachter, wenn sich die Werke gegenseitig was wegnehmen?
Was hat man davon, wenn man sich nicht auf eine Arbeit konzentrieren kann?
Was hat der Künstler davon, wenn seine Arbeit nicht möglichst vorteilhaft sondern absichtlich möglichst ungünstig gezeigt wird?
Wieso die Informationen vorenthalten bzw. verstecken?
Wenn Werke ohne Titel gezeigt werden, sie aber einen Titel haben/brauchen, damit sie überhaupt zugänglich werden, dann zeigt ihr nur die Hälfte der Arbeit?

Das klang jetzt alles ein wenig negativ. Vielleicht überinterpretiere ich das auch.
Ich würds nur einfach gerne verstehen, denn ich finde den Rahmen immer wichtig, in dem ich meine Sachen zeige."

FischBars Antwort: "Warum wollt ihr es dem Betrachter absichtlich schwierig machen?
>> Wir wollen es niemandem absichtlich schwierig machen, wir wollen auch nichts unmöglich machen. Was wir wollen, ist, die Konzentration auf das Werk, wollte man es einzeln betrachten, was, wovon ich ausgehe, die Besucher wollen, zu erzwingen, d.i. intensiver wahrzunehmen. Bewusst wahrzunehmen, wenn du so willst, und nicht einfach nur dran vorbeizuschlendern als wäre es visuelle Lounge-Musik.


Was hat man davon als Betrachter, wenn sich die Werke gegenseitig was wegnehmen?
>> Die Werke nehmen sich gegenseitig nichts weg. Würden sie es tun, wie in meinem ursprünglichen Konzept geplant, hätte man aus dem gegenseitigen Wegnehmen wieder eine neue Bedeutung gebildet (die kein Kunstwerk alleine aus sich heraus generieren könnte, sondern nur alle zusammen. Es wären dann alle Werke zusammen ein großes Kunstwerk. Freitag wird es aber nicht so sein. Da geht es darum, dass man sich - mit etwas Mühe, und das ist ja wohl nicht zuviel verlangt - die Werke einzeln anschauen kann, sie aber auch, wenn man die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung lenkt, als Zusammenklang erlebt, der sich nichts wegnimmt, sondern für sich ein Werk anderer Art ist.

Was hat man davon, wenn man sich nicht auf eine Arbeit konzentrieren kann?
>> Man kann es. Man muss es nur wollen, das ist der Grat, an dem wir hauptsächlich arbeiten bis Freitag: Nicht zuviel Lärm, nicht zuwenig.


Was hat der Künstler davon, wenn seine Arbeit nicht möglichst vorteilhaft sondern absichtlich möglichst ungünstig gezeigt wird?
>> Keine der Arbeiten wird ungünstig gezeigt, wir haben für alle schöne Plätzchen gefunden, in denen sie sich entfalten können. Die anderen Arbeiten sind nur auch wahrnehmbar.

Wieso die Informationen vorenthalten bzw. verstecken?
>> Nicht verstecken, sie sind auffindbar. Vielleicht, das wäre auch eine Idee, gebenw wir sie erst ab einer bestimmten Uhrzeit aus. Nur ließe sich der Zusammenklang nicht herstellen, würde man sie z.B. direkt unter oder neben die Werke stellen. Damit wäre man gazwungen, sie nur einzeln wahrzunehmen.

Wenn Werke ohne Titel gezeigt werden, sie aber einen Titel haben/brauchen, damit sie überhaupt zugänglich werden, dann zeigt ihr nur die Hälfte der Arbeit?
>> So, wie ich das sehe, gibt es - bei uns jetzt jedenfalls - kein Werk, dass einen Titel braucht, um zu funktionieren. Und, ja, man würde, wenn man einen Titel komplett vorenthielte, und dieser Titel für das Werk wichtig wäre, nur die Hälfte zeigen, aber das haben wir ja auch gar nicht vor. Wirklich. Die Titel werden zugänglich sein, Biographien auch, ein Infoblatt wird ausliegen. Und man muss auch keine zehn unlösbaren Rätsel lösen, um es zu bekommen.

Das klang jetzt alles ein wenig negativ. Vielleicht überinterpretiere ich das auch.
Ich würds nur einfach gerne verstehen, denn ich finde den Rahmen immer wichtig, in dem ich meine Sachen zeige.
>> Womit du ja Recht hast. Ich glaube, in deiner Vorstellung sieht das alles grade ganz anders aus, und viel krasser aus, als in meiner. Die Kunstvernichtungsmaschinenidee machen wir ja nicht. "

Aktuelle Beiträge

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Am morgigen Freitag, 11. Dezember 2009 um 19.30 Uhr...
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Das Projekt

Ausstellungsexperiment '3 x Meisterschüler oder: Wer macht die Kunst?' des Hannoverschen Kunstvereins hub:kunst.diskurs e.V.: 17 Meisterschüler/innen der HBK Braunschweig aus den Abschlussjahrgängen 2008/2009 werden in drei aufeinanderfolgenden Wochen von drei studentischen Kurator/inn/en-Teams aus den Kontexten Freie Kunst, Kunstvermittlung, Kulturwissenschaften und Kunstkritik in drei frei kuratierten Ausstellungen präsentiert.

Die Künstler/innen

Nadine Decker* // Stefanie Goettling** // Astrid Hagenguth** // Katharina Kamph** // Ronny Lischinski** // Nicholas Meeter** // Nora Lena Meyer* // Sebastian Neubauer** // Pit Noack** // Ünsal Öksüz** // Per Olaf Schmidt** // Tom Schön** // Ewa Surowiec* // Karin Then** // Katharina Timner* // Clemens Wilhelm** // Markus Zimmermann* /// [*Meisterschüler/in HBK BS 2008 // **Meisterschüler/in HBK BS 2009]

Die Kuratoren(-Teams)

Kurator/Team A: Jan Fischer, Renate Baricz // Kurator/Team B: Marion Starke, Katharina Stockmann, Lisa Bauer // Kurator/Team C: Nicholas Meeter

Die Termine

Woche 1 _ Künstler: 13.11.-18.11.2009 / Vernissage Fr 13.11.2009, 19.30 Uhr / Einführung: Barbara Straka, Präsidentin HBK Braunschweig, Thomas Kaestle / Alle teilnehmenden Künstler/innen präsentieren sich unkuratiert in jeweils max. 3minütigen Projektionen. /// Woche 2 _ Kurator/Team A: 20.11.-25.11.2009 / Vernissage Fr 20.11.2009, 19.30 Uhr / Kurator/Team A präsentiert seine individuelle Perspektive auf eine Auswahl der Meisterschüler/innen aus Woche 1. /// Woche 3 _ Kurator/Team B: 27.11.-02.12.2009 / Vernissage Fr 27.11.2009, 19.30 Uhr / Kurator/Team B präsentiert seine individuelle Perspektive auf eine Auswahl der Meisterschüler/innen aus Woche 1. /// Woche 4 _ Kurator/Team C: 04.12.-10.12.2009 / Vernissage Fr 04.12.2009, 19.30 Uhr / Kurator/Team C präsentiert seine individuelle Perspektive auf eine Auswahl der Meisterschüler/innen aus Woche 1. / Abschlussdiskussion Fr 11.12.2009, 19.30 Uhr Hannoversche Kunstprofis diskutieren ihre Beobachtungen während aller vier Ausstellungssegmente. Kernöffnungszeiten: Fr 19.30-22.00 Uhr, Sa 16.00-20.00 Uhr, So 14-18.00 Uhr, Mo-Mi 18.00-20.00 Uhr. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Der Veranstalter

hub:kunst.diskurs e.V.: Ziel des Vereins hub:kunst.diskurs e.V. ist nicht nur die Konzeption und Durchführung von zeitgenössischen Kunst- und Ausstellungsprojekten, sondern auch das Initiieren und Fördern von zeitgenössischen Diskursen um Kunst, Kunsttheorien und deren Wechselwirkung mit Gesellschaft und Wissenschaft. Im Sinne eines jungen und aktuellen Diskurses stellt der Verein sich auch experimentellen Situationen in Theorie und Praxis. Die gestellten Fragen überwiegen dabei die gegebenen Antworten.

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